Um die Übung Shankhaprakshalana auszuführen, brauchen wir Wasser, Salz, Butterschmalz und Asanas. Die Regeln für diese Übung sind einfach und genau. Sie sind so, dass der Sadhaka (der Übende) großen Nutzen und so wenig Probleme wie möglich aus der Übung zieht, um sich höherer Arbeit zuwenden zu können. Es ist sehr bedauerlich, dass viele Yoga-Aspiranten unserer heutigen Zeit diese essentielle und einfache Übung aus ihren Augen verloren haben. Es wird mit vielen Variationen an der Originalübung herumexperimentiert, aber oft mit nicht sehr guten Ergebnissen.
Es gibt Menschen, die verwenden Zitronenwasser, Fruchtsaft, Gemüsebrühe und verschiedene Kräuter anstatt Salzwasser. Salz hat einen schlechten Ruf bekommen, seit es mit hohem Blutdruck in Verbindung gebracht wurde, und so besteht die Angst, man könnte zu viel davon benutzen. Oft ist es auch der Geschmack von dem Salzwasser, der unerwünscht ist. Wenn wir aber darüber nachdenken, was wir in Shankhaprakshalana machen, dann muss deutlich werden, daß alles andere, was wir in diesen Mengen zu uns nehmen, viel zu intensiv ist, außer mildem Salzwasser. Wir können uns leicht selber Schaden zufügen. Bedenken wir, daß wir zwei Glas warmes, leicht gesalzenes Wasser trinken und fünf Asana jeweils achtmal ausführen. Das sind vierzig Bewegungen. Und das muss mindestens acht bis zehn Mal, meistens öfter wiederholt werden. Es ist also eine sehr wirkungsvolle und anstrengende Übung, und wir sollten sie äußerst korrekt ausführen, um das Gleichgewicht unseres ganzen Organismus nicht noch weiter zu stören.
Wir verwenden Salz bei Shankhaprakshalana, weil es sich im Magen mit den Säuren und Enzymen vermischt und eine Reaktion hervorruft. Die Lösung wird verflüssigt und verliert an Festigkeit. Salz ist außerdem sehr wirkungsvoll bei der Auflösung von Schleim und dem Reinigen der Darmschleimhaut. In dieser Quantität wirkt es lindernd auf die Schleimhäute, außerdem ist es der Leber verwandt. Die Menge des Salzes, die während Shankhaprakshalana verwendet wird, ist tatsächlich nicht groß. Nur sehr wenig davon wird absorbiert, das meiste wird durch den After ausgeschieden. Deshalb sollte auch das Salz kein Grund zur Beunruhigung in Bezug auf hohen Blutdruck sein. Trotzdem sollten Menschen, die an hohem Blutdruck leiden, Shankhaprakshalana nicht ausführen.
Manche Menschen bevorzugen Zitronengeschmack in ihrem Shankhaprakshalana 'Saft'. Zitrone genießt einen guten Ruf als reinigend und alkalisierend mit großem Vitamin-C-Gehalt. Viele Menschen nehmen morgens Salzwasser mit etwas Zitrone, um gegen Verstopfung und Krankheiten vorzubeugen. Sie bringt eine träge Leber wieder in Gang und ist hilfreich bei Erkältungen und Grippe. Aber hierbei werden jeweils höchstens ein oder zwei Glas getrunken, und nicht sechzehn bis zwanzig Gläser auf einmal wie bei Shankhaprakshalana. Man kann Zitrone bei Laghoo Shankhaprakshalana benutzen, aber niemals bei der ausführlichen Form.
Wenn die vollständige Übung (inklusive Kunjal und Neti) beendet ist, wartet man genau fünfundvierzig Minuten, bevor man das spezielle Mahl 'Khichari' zu sich nimmt. Dieses besteht aus gekochtem Reis, Mungbohnen und Butterschmalz. Durch dieses Mahl wird das Darminnere mit einem Schutzmantel versehen, der beruhigend und gleichzeitig nährend ist, was mit dem Butterschmalz erreicht wird. Ohne diesen Schutzmantel ist das Darmgewebe der Korrosion von Säuren und Basen ausgesetzt, es kann austrocknen und reißen, was der Beginn von späteren Krankheiten wie Geschwür und der Verseuchung durch Parasiten wäre. Nur durch die Verwendung von Salz ist es möglich, mit Butterschmalz einen Schutzmantel herzustellen; benutzt man Zitrone, so ist das nicht möglich. Deshalb ist Verwendung von Zitrone und auch Gemüsebrühe verboten. Das Gleiche gilt für das Fasten im Anschluss an die Übung. Einige Menschen glauben, dass das anschließende Fasten die Reinigung noch intensiviert, aber sie gehen vollkommen am Sinn der ganzen Übung vorbei. Durch die Übung sollen die Energieströme harmonisiert werden, während durch anschließendes Fasten das ganze System des Manipur Chakras geschwächt wird.
Aus diesem Grunde empfehlen wir, die volle Reinigungsübung Shankhaprakshalana im Ashram oder einer ähnlichen Umgebung zu machen, wo man unter fachlicher Aufsicht ist, so dass die strikten Regeln betreffend des Salzwassers, der Übungen und der eine Woche dauernden Aufbaudiät eingehalten werden. Wenn du die Übung außerhalb eines Ashrams versuchen willst, dann suche dir einen erfahrenen Lehrer und befolge genau die schriftlichen Anweisungen. Die Yogis wussten aus eigener Erfahrung sehr genau, worüber sie sprachen, und sie selbst befolgten die Anweisungen ihres Gurus.
Laghoo Shankhaprakshalana ist im Prinzip die gleiche Übung. Laghoo heißt klein, und hier macht man nur drei Runden (zwei Glas Wasser und fünf Asanas je achtmal), bzw. solange, bis die erste Entleerung stattfindet. Danach sollte man unter keinen Umständen weiter trinken, um nicht die Darmwände vollkommen blank zu waschen. Bei Laghoo braucht man keine besonderen Diätvorschriften zu beachten. Natürlich ist es eine gute Gelegenheit, Nahrung mit neuem, gereinigtem Bewußtsein zu sich zu nehmen und alte Gewohnheiten oder Laster über Bord zu werfen. Wenn man Laghoo einmal gelernt hat, ist es leicht zuhause auszuführen und dies sollte etwa im Abstand von vier Wochen als Reinigung für Körper und Geist geschehen.
Wenn man die volle Übung Shankhaprakshalana machen möchte, sollte man mit Laghoo vertraut sein und sich etwa eine Woche in einem unserer Ashrams (Indien, Griechenland, Italien) aufhalten.
(Aus: Yoga Heft Nr. 16) - Swami Satyananda Saraswati