Über Krishna
Natavara Nagara Nanda Bhajo Re mana Govinda
Dies ist ein sehr beliebter Kirtan, der ungefähr so übersetzt werden kann:
Oh Krishna, Meister aller Sinne, du großer Schauspieler, du Erschaffer des Spiels und du, der alle kennt, dessen einziges Ziel es ist, Segen zu geben, lass uns dich preisen.
Krishna war der Größte aller Yogis. Warum? Weil er ein volles Leben gelebt hat. Als Schelm und Dieb, als Held und Liebhaber, als Herrscher und Weiser, so wird er auch heute noch in ganz Indien mit großer Liebe und Hingabe verehrt - in jedem Haus, ob reich oder arm. Endlos viele Geschichten über sein Leben sind durch die Jahrhunderte getragen worden, und seine Lehren sind in der großen Literatur des Ostens niedergeschrieben worden. Heute ist das Mahamantra 'Hare Rama, Hare Krishna' in der ganzen Welt bekannt. In ganz Indien ist jeder, ob jung oder alt, mit Dutzenden von andächtigen Liedern über Krishna, seine Flöte, seine Lieben und sein Leben vertraut.
Viele Menschen haben Großes geleistet. Unzählige Yogis haben Siddhis (übernatürliche Kräfte) erlangt und Wunder vollbracht, aber nur wenige sind, wenn überhaupt, nach 5ooo Jahren ihres Todes noch bekannt wie Krishna. Als geborener Yogi ist er doch niemals den Weg der Askese, der Inaktivität oder des Rückzugs gegangen. Obwohl er ein Eheleben geführt hat und ein großes Königreich regierte, befand er sich trotzdem immer in höchster Seligkeit. Wie konnte er das schaffen? Wie konnte ein Mensch ein so vollkommenes Leben führen, mit völliger Hingabe zu all seinen Pflichten, mit so viel Verantwortung - und trotzdem ununterbrochen in höchster Verwirklichung leben? Dem Entsagenden wie dem weltlichen Menschen ist dies gleichermaßen ein großes Geheimnis. Krishnas Leben ist das Beispiel für die höchste Yoga-Stufe, er war der vollkommene Yogi.
Das ist das Ziel aller Yoga-Arten, aller Sekten und Religionen, was erreicht werden soll. Seit tausenden von Jahren versuchen Heilige und Asketen ohne Erfolg diesen hohen Weg zu erreichen, und wenn sie es schafften, waren sie in der Ausführung so extrem, dass es für die anderen Menschen nicht nachvollziehbar war. Selbst die Leben von Jesus und Buddha tendierten eher zu Askese und Entsagung, als zu Annahme und Integration. Deshalb war es für die Menschen schwer, ihre Lehren aufzunehmen und praktisch zu verwirklichen. Aber Krishna lebte das Leben voll. Seine wichtigste Lehre, die Bhagavad Gita, gibt er in der Mitte eines Schlachtfeldes. Hierin sind alle Yoga-Stufen enthalten, von der ersten Berührung bis zur endgültigen Befreiung. Sie ist kurz und präzise und wird auch heute noch von allen auf jeder Lebensstufe studiert und praktiziert.
Wenn Krishna, der Meister aller Yogas und Lilas, so in der Welt leben konnte, mit göttlicher Natur, dann können wir das auch. Schließlich zeigt Yoga uns den Weg zu einem volleren Leben, nicht zur Flucht aus dem Leben. Das menschliche Leben ist kostbar; Körper und Bewusstsein sind nützliche Instrumente. Sie lassen uns nicht nur auf diesem Planeten funktionieren, sondern durch sie können wir auch unser Bewusstsein transzendieren. In der Vergangenheit war Yoga, waren Ashrams und Sannyasins immer mit einfachem Leben, Entsagung und Einsamkeit verbunden. Die, die sich vom Leben zurückziehen wollten, von ihren weltlichen Problemen und Verantwortungen, gingen immer diesen Weg. Deshalb haben die meisten Menschen, die ihr Leben normal verbringen wollten, Yoga vermieden. Aber heute hat sich dies Verhalten verändert, weil Menschen überall auf der Welt den dynamischen und positiven Aspekt von Yoga erkennen.
'Gokulashtami' ist der Geburtstag von Lord Krishna und wird am achten Tag nach Vollmond im August gefeiert. Wenn man sich an ihn erinnern will und ihn verehren möchte, dann kann man das am besten tun, indem man seinem Beispiel im täglichen Leben folgt. Lasst uns erwachen und das Leben voll leben. Dazu brauchen wir Yoga, um unsere schlafenden Sinne und unser Bewusstsein für die Welt und die Menschen um uns herum zu erheben. Yoga sollte unser Sprungbrett ins Leben sein, und nicht aus dem Leben heraus.
Alle Menschen, die hier in den Ashram kommen oder zum Guru und eine Lösung ihrer Probleme erwarten, indem sie eine ruhige Zuflucht finden, werden überrascht und enttäuscht sein. Hier leben wir mit vielen eng aufeinander, und das erfordert volle Wahrnehmung, Verstehen und Kooperation. Wir sind Tag und Nacht sehr beschäftigt mit allen möglichen Arbeiten, die Fertigkeit, Konzentration und Intelligenz erfordern. Wir legen keinen Wert darauf, uns nach innen zu wenden, und für eine ruhige Kontemplation außerhalb unserer niemals endenden Pflichten haben wir keine Zeit. Völliges Aufgehen in der Arbeit ist der Schlüssel zu unserem spirituellen Verlangen. Yoga und Ashramleben, so wie wir es verstehen, ist in keiner Weise ein Verlassen der Welt, sondern der Beginn zu einem voll gelebten Leben.
Yoga Ahrams sind nicht als Rückzug gedacht, sondern für aktive Menschen, die lernen möchten, wie man das Leben voll leben kann. Die, die das wissen, brauchen nicht zu kommen; sie praktizieren schon unseren Yoga. Sie sollten ihre Arbeit fortsetzen. Mögen sie der Menschheit nützlich sein und sie bereichern, wie Lord Krishna vor 5ooo Jahren.
(Aus: Yoga Magazine, August 1977 - Yoga Heft Nr. 2) - Swami Satyananda