Ziele der Meditation
So ist es z.B. gar nicht so leicht, sich vom Körperbewusstsein zu lösen und den Geist über einen langen Zeitraum auf ein gewünschtes Objekt zu richten. Meisterschaft über den Geist kann jedoch nicht an einem einzigen Tag erlangt werden. Auch in der Schule erhalten wir unser Abschlusszeugnis nicht am Tag des Eintritts. Es braucht also einige Zeit, um die ersten Schritte zu gehen und den erst einmal vagen Begriff Meditation in etwas Erfahrbares umzuwandeln.
Meditation ist eine Übung in mentaler Disziplin. Sie diszipliniert den Geist und erst nach einiger Zeit lässt er sich auf ein bestimmtes Objekt richten, was ein rein subjektives Vorgehen ist. Es ist ein Weg, die Launen des Geistes und damit die inneren Konflikte und die unterschiedlichsten Emotionen wie Sorgen, Ängste, Unentschlossenheit usw. zu bändigen. Meditation verhilft zur Selbstbetrachtung und bringt die Mauern, die das wahre Selbst verdecken, zu Fall. Der Mensch von heute bleibt den ganzen Tag lang extrovertiert. Er findet kaum die Zeit, für einen kurzen Moment nach innen zu blicken, was lebenswichtig ist. Dem Körper wird immer genügend Aufmerksamkeit geschenkt, egal wie beschäftigt wir auch sein mögen.
Das innere Selbst jedoch vernachlässigen wir, indem wir ihm nicht einmal einige Minuten am Tag widmen. Der physische Körper fordert Entleerung, eine Wäsche, Nahrung oder frische Kleidung. Benötigt dann nicht auch der mentale Körper etwas - etwas, das mehr abstrakter Natur ist? Der Geist ist ohne einen Moment des Ausruhens ständig dem Stress und den Anforderungen des Lebens ausgesetzt und deshalb braucht er sorgsame Pflege. Selbst einer Maschine gönnen wir nach einer gewissen Anzahl von Arbeitsstunden eine Ruhezeit. Kennst du eine bessere Technik zur Beruhigung der angespannten Nerven als die yogischen Methoden der Entspannung und Vitalisierung? Die Ansammlung von gedanklichem Müll lässt sich am besten durch Meditation beseitigen.
Probleme und funktionale Störungen des Nervensystems lassen sich durch Meditation erfolgreich behandeln und sie wirkt unterstützend bei medizinischen Therapien. Meditation ist zum einen eine hervorragende Vorbeugung, und zum anderen lassen sich die verschiedensten Krankheiten durch sie heilen. Dazu können auch Psychosen gehören.
Meditation erweckt das höhere Selbst. Durch sie lassen sich latente und ungenutzte Fähigkeiten des Geistes oder der Hirnzentren anregen, weil wir in dieser Zeit mit unserem innersten Wesen Berührung aufnehmen. Wird der Geist auch nur für einen Moment von den Erinnerungen an vergangene Erfahrungen frei – auf einen Punkt gerichtet, völlig frei von Anspannung – können sich die freigesetzten Energien der Erforschung des Unbekannten, Ungesehenen und Ungehörten widmen.
Durch den schmalen Schlitz, der sich durch den auf einen Punkt gerichteten Geist öffnet, kann eine erste transzendente Erfahrung gemacht werden. Ist der Geist über einen langen Zeitraum auf einen Punkt gerichtet, dann ist plötzlich Licht in Sicht oder eine neue Herangehensweise oder eine Lösung eines Problems tut sich auf. Das ist es, was große Wissenschaftler erkannt, genutzt und erreicht haben. Tiefe, konzentrierte und gezielte Meditation eröffnet neue Einsichten und Erkenntnisse.
Die Funktionsweise des Geistes ist der Menschheit noch nicht vollkommen bekannt. Selbst bekannte Wissenschaftler räumen ein, dass die letzte Wahrheit noch nicht gefunden wurde.
Der Psychologe Sigmund Freud behauptete, dass alle physisch auftretenden Symptome Manifestationen der unbewussten Wünsche und Bedürfnisse sind. Wenn das stimmt, liegt die Wurzel allen Leids und jeglicher Krankheit im Geist. Die Yogis des Altertums waren ähnlicher Ansicht, sie hatten dafür nur andere Begriffe. Freuds Entdeckung ist nichts anderes als ein winziger Aspekt von Chitta, dem Lagerhaus aller Wünsche und primitiven Instinkte. Alle Krankheiten haben ihren Ursprung im Geist. Allein die Vorstellung oder Angst und Sorge, „Ich könnte mich erkälten“, oder „Ich werde krank“ bereitet den Körper darauf vor, den Keim zu empfangen. Regelmäßige Meditation stärkt die Willenskraft und befreit den Geist von falschen Vorstellungen, Launen und Ängsten und Sorgen.
Hier kann man sich natürlich fragen, warum sich ein Kind, dessen Denkprozess noch nicht voll entwickelt ist, eine Krankheit zuziehen kann. Experimente machen deutlich, dass ein Kleinkind lediglich ein psychologisches Wesen ist. Es hat den Geschmackssinn entwickelt, nimmt die Umgebung und die Stimmungen wahr und vieles andere. Erst später lernt das Kind, sich auch nach außen zum Ausdruck zu bringen. Ein Kleinkind erlebt und erfährt, kann sich aber noch nicht entsprechend vermitteln. Beobachtet man das Verhalten eines Kleinkindes genau, lässt sich leicht erkennen, dass es sehr viel sensitiver ist als die älteren Geschwister oder gar Erwachsene. Kinder erkennen instinktiv Liebe, Ärger, Hass usw. Sie ziehen sich eine Krankheit zu, weil Geist und Körper noch in der Anfangsphase sind. Sind sie einmal körperlich und mental herangereift, werden sie lernen, Erreger mental abzuwehren.
Meditation führt zu Samadhi, dem Höhepunkt der Evolution des menschlichen Geistes. Durch Konzentration, Versenkung und Meditation können die Grenzen des Geistes überschritten werden. Körper und Geist sind die beiden Dornen, die die Seele des Menschen stechen und Schmerz und Leid erzeugen. Wenn die Identifikation mit Körper und Geist ausgelöscht ist, dann gibt es keine Schmerzen, keine Leiden, keine Trauer und keine Unwissenheit, und nichts kann die Kraft der Seele oder des höheren Selbst binden oder begrenzen.
Der vom Käfig befreite Vogel kann jede Höhe anfliegen. Ebenso kann ein über die Grenzen von Körper und Geist hinausgehendes Bewusstsein den vollendeten Zustand, die höchste Kraft und das höchste Licht erfahren. Dualität, die Existenz vom Wissenden und Gewusstem löst sich auf. Das Bewusstsein dehnt sich aus in das höchste Bewusstsein oder das kosmische Bewusstsein.
Mit ernsthafter Übung wird sich der Geist allmählich aus dem Festklammern an die äußeren Objekte und Wünsche lösen. Er wird seine langjährige Gewohnheit, auf jede Trivialität zu reagieren, aufgeben und sich mühelos auf innere Punkte richten.